Die Affäre um US-Spione in Deutschland weitet sich erheblich aus. Nach Informationen aus US-Geheimdienstkreisen führt der amerikanische Auslandsnachrichtendienst CIA mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter in Deutschland als Quellen. Im Visier der CIA sind dabei die vier Ministerien Verteidigung, Wirtschaft, Innen und Entwicklungshilfe. Letzteres sei für die CIA von Interesse, weil über das Entwicklungshilfeministerium verdeckte Operationen des Bundesnachrichtendienstes im Ausland liefen.

Die Spionageaffären unter Freunden passieren nicht zum ersten Mal in der Weltgeschichte. Diese wurden auch in der Geschichte weder verleugnet noch versteckt, sondern sogar öffentlich bekanntgegeben. Die politische Führung in Berlin stellt sich jedoch dumm. Nach dem Ende des Kalten Krieges haben sich die Prioritäten der politischen und wirtschaftlichen Spionage der US-Geheimdienste verändert. Dieses erklärte auch der damalige Direktor der CIA, James Woolsey öffentlich im Jahre 1993. Das Ausspionieren von Verbündeten wie Japan, Deutschland und Frankreich stand damals an erster Stelle. Aber die offiziellen Behörden in Deutschland tun so, als wäre es unmöglich, dass deutsche Geheimdienste vom BND bis zum sogenannten Verfassungsschutz Doppeltagenten beherbergen könnten.

CIA macht sich lustig

So wurden in der Vergangenheit vier Agenten nach Paris geschickt, die als mutmaßliche Diplomaten aktiv waren. Das Ziel einer dieser Agenten war ein hochrangiger Beamter im Außenministerium der für die französische Position bei den Verhandlungen der EU über ein Handelsabkommen mit den USA verantwortlich war. Schon bald hatte eine attraktive US-Agentin ihr Opfer in ihrem verwanzten Schlafzimmer. Jedoch dauerte es nicht lange, bis die Sache aufflog und der damalige französische Innenminister Charles Pasqua 1995 die Amerikaner vor der internationalen Gemeinschaft bloßstellte und fünf CIA-Agenten des Landes verwies.

In Washington wurde dies alles schnell zur Nebensache, man wollte schließlich nicht die guten Beziehungen zu den Verbündeten gefährden. Die europäischen Medien ließen sich ebenfalls davon beeinflussen. Anfang 2000 kam es wieder zu Empörungen, als die neuen Enthüllungen über die elektronische Spionage durch das satellitengestützte Echelon-Abhörsystem der NSA bekannt wurden. Im Auftrag des EU-Parlament erstellte der britische Journalist Duncan Campbell einen Bericht über das weltweite Spionagenetz, das von Nachrichtendiensten der USA, Großbritanniens, Australiens, Neuseelands und Kanadas betrieben wird. James Woolsey, 1993 bis 1995 CIA-Chef, gab im Wallstreet Journal vom 17. März 2000 öffentlich zu, dass der amerikanische Geheimdienst die Europäer ausspioniert hat. Sie nutzten Computer, um Daten anhand von Schlüsselbegriffen zu sammeln. Er rechtfertigte dies, mit der Notwendigkeit, „Bestechungsversuche“ von Regierungen in der EU im Zusammenwirken mit europäischen Unternehmen aufzudecken, mit denen US-Konkurrenten bei Beschaffungsvorhaben von Drittländern – etwa bei Käufen von Passagierflugzeugen oder Waffen – ausgebootet werden sollen. Weiter fügte Woolsey damals spöttisch hinzu, dass die USA im Bereich der Wirtschafts- und Technologiespionage den Europäern weit voraus seien und es sich nicht lohnen würde, sie auszuspionieren.

Immer noch keine Reaktion

Die Regierungen der EU-Mitgliedsländer reagierten nicht stark genug auf das Echelon-Skandal. Erst die Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden über dieselben Spionageaktivitäten, die seit Jahrzehnten gegen die Verbündeten laufen, sorgten wieder für Aufregung. Die Geheimdienstarbeit läuft auf einem hohen technischen Niveau. Alle elektronischen Informationen, die der amerikanischen Geheimdienst sammeln kann, werden sortiert und gespeichert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel unternimmt nicht wirklich etwas gegen den Vertrauensbruch. In den vergangen Tagen wurden in vertraulichen Positionen in Berlin zwei aktive CIA-Agenten entlarvt, die Bundesregierung forderte schließlich den obersten Repräsentanten der amerikanischen Nachrichtendienste in Berlin auf, Deutschland zu verlassen. Die NSA-Abhörstationen in der BRD bleiben unangetastet. Ein Jahr nach dem NSA-Skandal mit Edward Snowden, muss die Kanzlerin jetzt gezwungenermassen handeln.

Es gibt sicherlich viele Gründe, die die Untätigkeit der Regierungen erklären. Diese sind nicht zuletzt das Abhängigkeitsverhältnis zu den USA. Es gibt die Befürchtung, dass die Regierung etwas zu verbergen hat, dass nämlich deutsche Regierungsstellen und Geheimdienste über die Spionagetätigkeiten der NSA nicht nur Bescheid wußten, sondern sie selber dazu genutzt haben, um Oppositionspolitiker und Bürger im eigenen Land auszuspionieren.

Ein weiterer Vorwurf, damit dieses nicht als “Verschwörungstheorie” banalisiert wird, zeigt ein britischer Bericht. Mike Frost war Angestellter der kanadischen „Tochtergesellschaft“ von Echelon, des „Communications Security Establishment“. Im US-Nachrichtensender CBS hatte er am 24. Februar 2000 in der Sendung “60 Minutes“ bestätigt, dass zu seiner Zeit der kanadische Geheimdienst der britischen Premierministerin Margaret Thatcher, 1979 bis 1990 im Amt, den Gefallen getan hat, zwei ihr politisch nicht zuverlässig erscheinende Minister ihres Kabinetts elektronisch zu überwachen. Auf diese Weise habe die an Echelon beteiligte britische Regierung die nationalen Gesetze gegen unberechtigtes Abhören nicht unterlaufen. Die britische Regierung habe stets guten Gewissens behaupten können, dass ihre Geheimdienste nichts Ungesetzliches tun und sich an die gesetzlichen Vorschriften halten. Nach den Aussagen von Mike Frost haben diese sich wirklich an die Vorschriften gehalten und nichts getan. Die Firma habe es für sie übernommen. Die kanadischen Gesetze würden das Abhören fremder Bürger in anderen Ländern schließlich nicht verbieten. Der Rest sei dann nur noch ein Austausch von „nachrichtendienstlichen Erkenntnissen“ im Rahmen von Echelon gewesen.
Diese Herangehensweise scheint erst recht für Deutschland zu gelten. Deswegen bohrt die Regierung nicht nach!