Neben dem Studium noch ehrenamtlich tätig sein, geht das denn überhaupt? Die Antwort kommt überraschend: Ja! Mehr als zwei Drittel aller Studierenden in Deutschland gibt an, sich neben dem Studium ehrenamtlichzu engagieren, manche sogar im Ausland. Insbesondere sind die Tätigkeitsfelder vielseitig in den Bereichen der politischen, sozialen und kulturellen Jugendarbeit, sportliches Engagement und Freizeitangebote für Jugendliche. Auch gibt es Studierende, die sich in der Politik aktiv beteiligen. ehrenamtNun: Für viele „Ehrenamtler“ hat es auch positive Konsequenzen: Wenn Bewerber mit einem derartigen Engagement aus der breiten Masse der Qualifizierten herausstechen, so haben die Arbeitgeber es leichter, jemanden auszusuchen, weil auch diese Engagement schätzen und gern sehen, unabhängig davon, ob die durchgeführte ehrenamtliche Tätigkeit mit dem Stellenangebot zu tun hat oder nicht. Vor allem komme die Tätigkeit positiv an, wenn sie eine soziale Komponente beinhalte, so die allgemeine Einschätzung von Vertretern aus der Wirtschaft.

In vielen Mainstream-Medien wird das ehrenamtliche Engagement für sehr positiv gehalten. „Das ist einfach eine tolle Erfahrung“ oder „ehrenamtlicher Einsatz nützt auch dem beruflichen Vorankommen etwas“ heißt es. Sicherlich ist eine ehrenamtliche Tätigkeit eine tolle Erfahrung und man lernt vieles, die einem im Leben weiterbringen. Doch ganz offen und direkt heißt das eigentlich nur: „Einsatz ohne Bezahlung“, neben dem Studium eine Tätigkeit ausüben, aber nichts verdienen. Normalerweise kann sich das nicht jeder Studierende finanziell leisten. Schließlich ist jede Zeit im wörtlichen Sinne kostbar, Master sei Dank. Das Studium ist nämlich deutlich verschulter und viel genauer getaktet, so dass die Zeit der Studierenden für ein Ehrenamt fehlt. Die Voraussetzungen für Ehrenämter sind stark erschwert. Es wird immer schwieriger, sich zu engagieren, sagt Georg Schlanze vom Dachverband der Deutschen Studentenwerke. „Wir sehen, dass organisatorisch kaum noch Zeit bleibt für das Engagement.“

Auf der einen Seite steigt die Zahl an Angeboten für ehrenamtliche Arbeit und die Ehrenämter sind Lückenfüller. Soziale Verbände bieten viele Angebote nur noch mit Ehrenämtlern an, die eine kleine Entschädigung bekommen. Die große Masse der eingenommenen Gelder wandert in die Kassen der Verbände. Studierende hingegen können ihre Lebensläufe aufpeppen, um später gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Das eigentliche Verständnis von „Ehren“amt verliert somit seine Bedeutung und wird zu „Eigennutz“amt. Ein Ehrenamt im ursprünglichen Sinn ist ein ehrenvolles und freiwilliges öffentliches Amt. Aber Freiwilligkeit spielt in diesem Falle keine Rolle mehr. Denn Personen versuchen somit ihren Platz im System zu sichern.

Şilan Küçük