In Soma haben Bergarbeiter aus den Betrieben SKI und Imbat sowie öffentliche Bedienstete ein Komitee gegründet. In ihrer Gründungserklärung unter der Überschrift “Damit nicht mehr Kumpel sterben…” fordern sie das Verbot von Leiharbeit, Rücknahme der Privatisierungen, die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften in den Bergwerken, aber auch die Besetzung der Gewerkschaftsführung mit Arbeitern. Die Unterzeichner beschlossen, den Aufruf in Soma und den Nachbarstädten zu verbreiten. Damit wollen sie ihren Forderungen nach dem Massaker an 301 Kollegen Mitte Mai Nachdruck verleihen.

Für einen gemeinsamen Kampf

Der Aufruf richtet sich an die Belegschaften aller in der Region tätigen Bergwerke. Dabei wird keine Unterscheidung zwischen den Mitgliedern der beiden Gewerkschaften Türk Maden Is und Dev Madensen gemacht. Die Führung von Türk Maden Is musste aufgrund der Proteste ihrer Mitglieder wegen ihrer unrühmlichen Rolle in dem Katastrophenstollen ihren Rücktritt erklären. Die im Komitee zusammengekommenen Kumpel fordern, dass die freigewordenen Posten nicht durch Nachrücker besetzt werden, sondern Neuwahlen stattfinden.

An der Gründungsveranstaltung des Komitees nahmen 22 Bergarbeiter teil. Der Bergbautechniker Mustafa Sala wies daraufhin, dass nicht nur die Kumpel in den Gruben, sondern auch die beim Tagebau Beschäftigten unter ständiger Lebensgefahr arbeiten müssten. Alle in der Branche beschäftigten Arbeiter müssten vereinigt, ihr gemeinsamer Kampf organisiert werden. Sala forderte auch den Wiederaufbau einer Gewerkschaft, die tatsächlich die Interessen der Belegschaften vertrete. Das sei die vordergründigste Aufgabe der Bergarbeiter.

Engin Kursuncu von Imbat unterstich, die meisten Kumpel würden ihre Rechte und die Bedeutung von Gewerkschaften nicht kennen. Auch er unterstrich die Bedeutung eines gemeinsamen Vorgehens aller Bergarbeiter in Soma, damit die Probleme gelöst und die Verantwortlichen der Katastrophe zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Die vordergründige Frage sei heute nicht, für welche der Gewerkschaften sich die Kollegen entscheiden, sondern wie man den Zusammenhalt von Kumpeln erreichen könnte. Halit Yilmaz, der bei SKI beschäftigt ist, forderte eine neue Wahl der Vertrauensleute in den Bergwerken, die nicht unter dem Druck der Arbeitgeber stattfinde.

Auszüge aus der Gründungserklärung:

Das Bergarbeiterkomitee von Soma unterstreicht die Forderungen der Kumpel und ihrer Familien, die bisher kein Gehör fanden:

  • Einsatz von Leiharbeit ist zu verbieten.
  • Alle Bergwerksbetriebe müssen staatlich betrieben werden.
  • Die Vorschriften über Arbeitergesundheit und Arbeitssicherheit müssen angewendet werden. Die Einrichtung von Rettungsräumen in den Stollen muss vorgeschrieben werden
  • Die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften muss von unabhängigen Expertenkommissionen bestehend aus Vertretern von Berufsverbänden, Gewerkschaften und der Wissen geprüft werden.
  • Die Hindernisse vor dem Recht auf gewerkschaftliche Organisierung müssen beseitigt werden.
  • Die durch Rücktritte freigewordenen Posten in den Gewerkschaftsvertretungen sollen nicht durch Nachrücker, sondern durch von Belegschaften bestimmte Vertreter besetzt werden. Die Wahl von Gewerkschaftsfunktionären muss frei vom Druck des Arbeitgebers und demokratisch sein.
  • Die Vertrauensleute in den Betrieben dürfen nicht von der Gewerkschaftsführung ernannt, sondern müssen von der Belegschaft gewählt werden.
  • Die Gewerkschaftsführung muss die Entscheidungen der Vertrauensleute und Arbeiterkomitees zur Grundlage ihrer Arbeit machen.
  • Bei der Ausarbeitung von Tarifverträgen müssen die Arbeiter ein Mitspracherecht haben.
  • Die Löhne der Gewerkschaftsfunktionäre müssen gedeckelt werden und dürfen den höchsten Arbeiterlohn nicht übersteigen. Finanzberichte müssen öffentlich zugängig gemacht werden.
  • Der Bergbau wird laut Gesetz für Arbeitssicherheit als “besonders gefährliche Branche” definiert. Die Zahlung von für diese Branche geltender Gefahrenzulage muss tarifvertraglich sichergestellt werden.
  • Es muss ein Kampf für die Verstaatlichung und die Modernisierung von Gruben geführt werden.
  • Die unterschiedlichen Gewerkschaften müssen gemeinsam und solidarisch einen gemeinsamen Kampf für die Durchsetzung der Interessen von Arbeitern führen. Welche der Gewerkschaften in einem Betrieb organisiert wird, muss von Belegschaften bestimmt werden.