shell studie jugendSeit 1953 veröffentlicht der Mineralölkonzern Shell in einem Intervall von drei bis fünf Jahren die sog. Shell-Studie. In dieser Studie werden Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren zu ihrer Lebenssituation, Einstellungen und Orientierungen befragt. Konkret durchgeführt wird diese Umfrage mit einem TNS-Infratest. Bei der aktuellen 17. Studie, die erst neulich erschien, wurden 2.558 befragt. Ein einheitliches Ergebnis geht aus der 17. Studie leider nicht hervor. Je nach sozialer Herkunft ändert sich die Sichtweise der jungen Menschen. So fühlen sich diejenigen, die aus sozial stabilen Verhältnissen stammen in Deutschland gut aufgehoben. Die Jugendlichen, die aus den schwächeren Bevölkerungsschichten kommen, sehen sich als vernachlässigt und im-Stich-gelassen.

Das Ergebnis der Gutsituierten

Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus den sozial stabilen Verhältnissen legen mehr Wert auf Fleiß und Ehrgeiz als auf Kreativität und kulturelle Lebensweise. Auch sieht die Mehrheit sich im demokratischen Gefüge der Bundesrepublik gut aufgehoben, d.h. das Rechtssystem, die Polizei und die Bundeswehr genießen hohes Ansehen. 84 Prozent der Befragten gaben an, Respekt vor dem geltenden Recht zu haben und 64 Prozent von Ihnen stuften dieses als „besonders wichtig ein“.

Besonders signifikant ist der Umstand, dass junge Menschen dieser sozialen Schicht der Auffassung sind, dass mit einem entsprechenden Fleiß und Arbeit, man individuelle Ziele erreichen könne. Wohlbekommen vertraut die besagte Altersgruppe auf die finanzielle und moralische Unterstützung,  sie erklärt sich auch bereit, dass prekäre Arbeitsverhältnisse, wie befristete Arbeitsverträge und zahlreiche Praktika in Kauf zu nehmen. Beziehend auf den Sinn und Zweck der Agenda 2010-Politik seit der Schröder-Ära muss zunächst festgehalten werden, dass dieses Ergebnis genau so gewollt war. Ganz nach dem Motto „Jeder ist seines Glückes Schmied“.

Die Kehrseite der Medaille

So optimistisch die einen sind, so trostlos sind die anderen. So glaubt nicht einmal die Hälfte der jungen Menschen aus der unteren Schicht, dass ihre beruflichen Wünsche in Erfüllung gehen werden. Kein Wunder auch, die nationale Armutskonferenz veröffentlichte zwecks des 10 jährigen Jubiläums der Hartz-IV-Reform den sog. „Schattenbericht“. Demnach lebt jedes fünfte Kind  in Deutschland in Armut. Das bedeutet, dass in diesen Haushalten zum Monatsende das Geld ausgeht und somit kein Geld zur Freizeitgestaltung, wie Ausflüge, Vereine, Kino vorhanden ist. Bei der nationalen Armutskonferenz handelt es sich um einen Zusammenschluss von Organisationen, die dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und dem Deutschen Caritasverband. Nicht nur die finanziellen Hürden sind für diese jungen Menschen unüberbrückbar, sondern auch sind sie den  harten Sanktionen des Jobcenters ausgesetzt. Werden Auflagen nicht erfüllt, kann das Jobcenter für ein Vierteljahr die gesamte Unterstützung sperren. Damit sind die Jugendlichen nicht selten mit Obdachlosigkeit und unterschiedlicher Krankheiten wegen Unter- bzw. Falschernährung konfrontiert.

2014 mussten ca. 250.000 Jugendliche zwischen 15-17 Jahren von 302 €/mtl. Leben. In diesen ist das Kindergeld mitinbegriffen. Die Anzahl der Sanktionen belief sich zwischen 1194-1583. In 170-269 Fällen wurde die Unterstützung komplett gestrichen.

Die Moral von der Geschicht

In Anbetracht dieser Sachlage ist es nicht verkehrt, die Frage zu stellen, in wie weit die Shell-Studie tatsächlich repräsentativ ist. Unstreitig ist doch die Tatsache, dass der alltägliche Überlebenskampf in der deutschen Gesellschaft immer härter wird. Daher ist es unverständlich, zu behaupten, dass die junge Generation „Krawatte statt Krawalle“ wähle und daher eine eher positive Bilanz zu ziehen sei. Aber dennoch verdeutlicht diese Studie den  gesellschaftlichen Widerspruch in der deutschen Jugend. Eine Jugendgeneration wird damit in zwei sehr ungleiche Teile auseinanderdividiert. Eine elitäre, die gewillt ist, alle Um- und Missstände zu akzeptieren und der andere Teil, der gesellschaftlich gesehen, verwahrlost, weil er nicht das Glück ein Teil des privilegierten Teils zu sein.

Onur Kodas