Am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen die Cumhuriyet-Mitarbeiter Akın Atalay, Murat Sabuncu, Kadri Gürsel, Ahmet Şık, Emre İper und Ahmet Kemal Aydoğdu entschieden die Richter auf Freilassung Gürsels und die Fortsetzung der U-Haft der anderen Angeklagten. Der Prozess, der zunächst im Justizpalast Caglayan eröffnet und dann nach Silivri verlegt worden war, wurde wieder nach Caglayan zurückverlegt.

Der Prozess, der an diesem dritten Tag von den widersprüchlichen Aussagen der angehörten Zeugen gekennzeichnet war, verkam inzwischen zu einer völligen Farce. Parlamentarier und Vertreter von Journalistengewerkschaften erklärten, das Verfahren sei inzwischen kein Rechtsstreit mehr, sondern nur noch ein Ausdruck dafür, wie die Regierenden in der Türkei auf ihrem Feldzug gegen Pressefreiheit ausharrten. In der vom Vorsitzenden der DISK-Gewerkschaft Basın-İş, Faruk Eren, verlesenen gemeinsamen Erklärung heißt es: „Die Türkei ist mit über 160 inhaftierten Journalisten zum größten Gefängnis für Presseleute geworden. Seid nicht Stolz darauf! Schämt euch und lasst die Journalisten frei! Wir und alle anderen Menschen in unserem Land bezeugen, dass unsere inhaftierten Kollegen nur ihren Beruf ausgeübt haben und deshalb im Knast sitzen.“

Eren sagte ferner, in der Türkei seien im letzten Jahr Dutzende von Zeitungen, Zeitschriften, TV-Sendern, Verlagen und Presseagenturen geschlossen worden. Tausende Journalisten habe man auf die Straße gesetzt, weil sie von der Wahrheit berichtet hätten. Die Journalisten, die noch auf freiem Fuß seien, würden sich aber nicht kleinkriegen lassen und weiter für Presse- und Informationsfreiheit eintreten.

Die frühere Vizevorsitzende der Cumhuriyet-Stiftung, die als Zeugin der Anklage angehört wurde, bestritt, dass der laufende Strafprozess eine Verbindung zu der von ihr eingereichten Klage gegen ihre Entmachtung habe. Sie sagte, die Angeklagten hätten weder mit FETÖ, noch mit einer anderen Terrororganisation zu tun.

Am Ende der Verhandlung forderte der Staatsanwaltschaft die Fortsetzung der Untersuchungshaft aller sechs Angeklagten. Das Gericht entschied jedoch die Freilassung des Kolumnisten Kadri Gürsel.

Nach seiner Freilassung bedankte sich Gürsel für die Solidarität und Unterstützung. Er erklärte, seine Freilassung sei kein Grund für Freude, solange seine Kollegen noch inhaftiert seien. Er rief die Öffentlichkeit auf, sich für die Freilassung aller Journalisten in den Gefängnissen einzusetzen.