Immer die gleichen Themen in Talkshows. So scheint es, wenn man den Fernseher einschaltet, besonders bei Polit-Talkshows. Jetzt ergibt eine Untersuchung, zwar nicht unbedingt sehr wissenschaftlich, aber Fazit eindeutig: das Gefühl „immer das Gleiche“ ist gar nicht mal so falsch. Bestimmte Themen werden in Talkshows öfter behandelt als andere.

Dieses Gefühl hatte Marco Bülow, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Dortmund, auch. Daraufhin betrachtete er bestimmte Talkshows näher und fand interessante Daten. Bülow analysierte insgesamt 204 Sendungen der fünf Talkshows Maischberger, Anne Will, Hart aber fair, Jauch (wurde jedoch Ende 2015 eingestellt) und Maybrit Illner. Das ganze erstreckte sich auf den Zeitraum von knapp 1,5 Jahren (von Oktober 2015 bis Anfang März 2017). Dabei zeigte sich Folgendes: bestimmte Themen, die vielleicht gar nicht so sehr unsere Lebenswirklichkeit und unseren Alltag prägen, jedoch aber umstritten sind, dominieren die Inhalte der Politsendungen. Topthema der vergangenen 1,5 Jahre war kein geringeres als Geflüchtete. Insgesamt 52 von 204 Sendungen drehten sich um das Thema. Jede 4. Ausstrahlung ging um Geflüchtete. Mit etwas Abstand folgt das Thema IS/ Terror auf Platz zwei mit immerhin 22 Sendungen. Der Themenkomplex Geflüchtete, Terror/ IS und Extremismus/ Populismus kam praktisch in jeder 2. Sendung vor.

Dahingegen fällt auf, dass bestimmte Themen zu kurz kommen. Armut und Ungleichheit waren Themen von 6 Sendungen. NSU, Rassismus und rechte Gewalt wurden nur jeweils einmal behandelt. Klimaschutz kam in keiner einzigen Sendung vor.

Dass die Medien unsere politische Meinungsfindung lenken und zu Gunsten bestimmter Interessen beeinflussen, ist nichts Neues. Es ist gar nicht so lange her, dass die ARD für ihre einseitige Berichterstattung in der Ukraine-Krise vom eigenen Programmbeirat kritisiert wurde. Während einige Themen einen großen Stellenwert in den Medien einnehmen, schaffen es andere nur zu kleinen Erwähnungen am Rande – wenn überhaupt. Natürlich kann nicht immer jedes Thema behandelt werden und man muss eine kritische Auswahl der Themen treffen, doch in den großen Medienanstalten ist Objektivität doch wohl nicht mehr als ein Lippenbekenntnis.

Dass sich jede 2. Sendung in so renommierten Politshows um Geflüchtete, Terror und Populismus dreht, spricht Bände für die Richtung, die die Medien angeben. Als es in der Silvesternacht 2015 am Kölner Hauptbahnhof zu sexuellen Übergriffen auf Frauen kam, war es das Thema Nr. 1. Überall diskutierte man über „frauenfeindliche und sexgetriebene“ Geflüchtete. Bald hatte man den Eindruck, dass jeder Geflüchtete ein potentieller Vergewaltiger sein könnte. Und die Medien haben zu diesem Bild nicht wenig beigetragen. So auch nach der Silvesternacht diesen Jahres, als die Kölner Polizei durch rassistische Praktiken, wie „Racial Profiling“, Geflüchtete zur Zielscheibe machte. Wieder waren die Medien ganz vorne mit dabei. Allein Titel, wie „Bürger verunsichert- wie umgehen mit kriminellen Zuwanderern?“ (Anne Will, 15. Januar) oder „Neues Deutschland – bringt Härte gegen Zuwanderer mehr Sicherheit?“ (hart aber fair, 9. Januar) zeigen die Lenkung in eine bestimmte Richtung.

Was in den Medien gesendet oder geschrieben wird, prägt unseren Informationsfluss. Während viele sich mittlerweile über unvollständige Meldungen bei Facebook und Co einen Überblick zu machen versuchen, gelten Sendungen, wie die beschriebenen, als „seriöse Nachrichtenquelle“. Dabei hat die Themenwahl wenig mit den tatsächlichen Problemen der Menschen, wie Arbeit, Armut, Bildung etc., zu tun, sondern dreht sich oft um reißerische Themen, die als „kontrovers“ gelten, um die ohnehin angespannte Stimmung anzuheizen. Was in Bülows Liste etwas kurz kommt, aber in den März geprägt hat, war die Beziehung zwischen der EU und Türkei. Zweimal hintereinander (05. und 12. März) waren die Türkei und Erdogan Thema bei Anne Will, bei Maybrit Illner sogar bereits dreimal alleine März. Dabei wird darüber diskutiert, ob Minister Auftrittsverbote bekommen sollten, statt über die undemokratische Lage in der Türkei und die wirtschaftlichen und politischen Beziehung Deutschlands zur Türkei zu thematisieren.

Dabei sind natürlich nicht nur die Themen, die gewählt werden, manipulativ, sondern auch die Auswahl der Gäste. In Bülows Analyse beobachtet er, dass 72,7 % Männer und lediglich 27,3 % Frauen in den Sendungen Gäste waren. Das zeigt wie unterpräsentiert Frauen nach wie vor in der öffentlichen politischen Meinungsfindung sind. Zudem kann auch beobachtet werden, dass bestimmte Parteien öfter vertreten sind. Von 387 Politikern waren 78,4 % von der Union. Damit lassen sie andere Parteien weit hinter sich. „Die AfD stellt nicht so häufig einen Mitdiskutanten, wie viele dies wahrscheinlich angenommen hätten. Allerdings werden sie überwiegend zu Themen eingeladen, bei denen sie deutliche Kritik üben können und in der Offensive sind“, so Bülow zur Beteiligung der rechten Alternative für Deutschland. So werden ganz offensichtlich provokative Gäste eingeladen, um die Diskussionen in bestimmte Richtungen zu lenken.

Was in den Medien diskutiert wird, spiegelt die tatsächlichen Probleme der Menschen zwar nicht wieder, doch beeinflusst es ihre Wahrnehmung und Auffassung. Meist folgt man der Linie, die einem in den Medien vorgegeben wird. Doch klappt auch das nicht immer. Das zeigt auch nicht zuletzt die Landtagswahl im Saarland. Trotz massiver medienwirksamer Werbung für Martin Schulz und den sogenannten „Schulzzug“, verlief die Wahl nicht wie erhofft für die SPD. Zwar hat diese mit Schulz deutlich in der öffentlichen Wahrnehmung und bei den Umfragewerten für die Bundestagswahl zugenommen, doch zeigt die Praxis im Saarland etwas ganz anderes. Oft ist das jedoch eher die Ausnahme. Wenn pausenlos von den „gefährlichen Geflüchteten“ oder der „ständigen Terrorgefahr“ gesprochen wird, sehen die Menschen oft nur noch überall übergriffige Geflüchtete und fanatische Terroristen. Ein bisschen mehr darüber zu diskutieren, was uns wirklich betrifft, wie faire Löhne, echte Gleichberechtigung oder ein gut ausgestattetes Bildungssystem, wäre wünschenswert.