Man stelle sich vor, es wird einem vorgeschrieben, was man zu sprechen oder wo man zu leben habe und wenn man sich dem nicht beugt, muss man mit Sanktionen rechnen. Unmöglich? Das soll sich künftig ändern, dank des sogenannten Integrationsgesetzes, das von de Maiziere (CDU), Nahles (SPD) und Maas (SPD) erarbeitet wurde und auf einer Klausurtagung des Kabinetts Ende Mai beschlossen werden soll.

Das geplante „Integrationsgesetz“ sieht strenge Auflagen für Geflüchtete vor, was ihre Partizipation an Sprach- und Integrationskursen und ihrem Wohnsitz betrifft. Bei Verstoß dieser Auflagen wird mit Konsequenzen gedroht.

Das Ziel: Fördern und Fordern

Als Grundsatz soll das „Fördern und Fordern“ von Geflüchteten gelten. Liest man sich allerdings das sechsseitige Eckpunktepapier, in dem Maßnahmen benannt werden durch, ist eher von „Fordern“ die Rede anstatt vom Willen, Geflüchtete wirklich zu integrieren.

Der Bund werde beispielsweise 100.000 mehr Arbeitsmöglichkeiten schaffen, diese gelten allerdings nicht für Bewerber aus den ,,sicheren Herkunftsstaaten“, wie den Balkanstaaten und künftig auch aus Tunesien, Marokko und Algerien.
Neue Regeln bezüglich der Ausbildungsförderung für Geflüchtete sollen ebenso einen schnelleren Einstieg in die Arbeitswelt ermöglichen. Hierbei sollen Geflüchtete, die „eine gute Bleibeperspektive“ haben, bereits nach drei Monaten mehr Hilfe bei der Ausbildung und für den Zeitraum ein Bleiberecht erhalten. Solche, die als Asylbewerber abgelehnt wurden, allerdings aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden dürfen – kurzum Geduldete – sollen diese Hilfe nach einem Jahr erhalten. Dies klingt anfangs vielleicht ganz sinnvoll, allerdings erlischt bei Ausbildungsabbruch der Bleiberecht–Titel. Bei genauerem Durchlesen dieses Entwurfs werden die aufgezählten Maßnahmen mit Sanktionen und enormen Freiheitseinschränkungen verbunden.

So zum Beispiel die Wohnsitzzuweisung, die Geflüchteten vorschreibt, wo sie zu wohnen haben. Eine Verletzung dieses Punktes führe laut des Eckpunktepapiers zu ,,spürbaren Konsequenzen“. Europarechtlich ist diese Maßnahme schwer begründbar, da sie die Genfer Flüchtlingskonvention (Art. 26 GFK) als auch die Qualifikationsrichtlinie der EU verletzt, die die Freizügigkeit von Geflüchteten beinhalten.

Ferner sollen die Leistungen um 34 Euro gekürzt werden. Es ist allerdings nicht nachvollziehbar, was Leistungskürzungen mit Integration zu tun haben.
Ebenso kritisch sind die aufenthaltsrechtlichen Sanktionen. Die Erteilung eines dauerhaften Aufenthaltstitels für Geflüchtete nach drei Jahren soll künftig von erfolgreichen Integrationsleistungen abhängig gemacht werden. Betrachtet man das im Hinblick auf den Deutschkurs, der unter der Integrationsleistung fällt, werden Geflüchtete einem enormen Druck und Stress ausgesetzt. Sie sollen eine Sprache erlernen, die bekanntlich nicht die leichteste ist und das, obwohl nicht mal klar ist, ob sie bleiben dürfen oder nicht. Abgesehen davon, besteht weiterhin das Problem, dass nicht genügend Sprach – und Integrationskurse angeboten werden, um die Nachfrage zu stillen.

Hat man Klarheit darüber, ob der eigene Aufenthalt in Deutschland sicher ist, dann ist das Engagement um die eigene Integration wesentlich höher. Die gewünschte Integration seitens der Regierung kann allerdings nicht in Form von Sanktionen erreicht werden, die Integrationsunwillige treffen soll, über deren Anzahl im Übrigen niemand eine Auskunft geben kann. Die Regierung muss Angebote schaffen, um die Integration zu erleichtern und nicht zu erschweren.

Bayern und das Gesetz gegen die Grundrechte

Die Bayerische Regierung war ebenfalls sehr kreativ, was die Vorstellung einer perfekten Integration betrifft. Auch hier wurde ein Integrationsgesetz entworfen.
Schaut man sich den 90-seitigen Entwurf an, möchte man meinen, dass das ein Werk aus Reihen der AfD sei. Aber es dürfte bereits bekannt sein, dass es hier inhaltlich kaum Unterschiede gibt.

Seit Jahren wirft die politische Spitze Bayerns mit rassistischen Äußerungen um sich. Seehofer erklärte 2014 mit seiner Aussage ,,Wer betrügt, der fliegt“ Migranten aus osteuropäischen Ländern bereits den Krieg. Markus Söder spricht von einem ,,Ansturm der Flüchtlinge“ und schlug vor, den Geflüchteten noch weniger bereitzustellen, als ihnen verfassungsrechtlich zusteht und dennoch von vorne bis hinten nicht ausreicht. Mit diesem Gesetzesentwurf hat sich die CSU selbst übertroffen.

Die CSU empfang sogar den ungarischen Staatschef Orban, der dafür bekannt ist, die Grenzen Ungarns dicht gemacht und dort eine Politik der Knüppel und Zäune gegen Geflüchtete ausgeübt zu haben.

Wie im Gesetzesentwurf auf bundesweiter Ebene wird auch hier mit Sanktionen gedroht, halte man sich nicht an die Auflagen. Das Gesetz beginnt damit, dass alle Eingewanderten auf die ,,unabdingbaren Achtung der Leitkultur“ verpflichtet werden. Was diese Leitkultur allerdings genau sein soll, wird nicht näher als die „christliche Abendkultur“ definiert.

Unter ,,Einwanderer“ sind auch diejenigen gemeint, die zwar längst die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, aber ,,mindestens ein Eltern- oder Großelternteil“ haben, der eingewandert ist. Spaltungen werden hier also ebenfalls ganz klar definiert.

Bei Nichtbestehen der Sprachkurse wird man zur Erstattung der Kosten verpflichtet. Auch soll man künftig für den eigenen Dolmetscher, den man für die etlichen Behördengänge benötigt, zahlen.

Artikel 17a, schafft die Grundlage, Menschen aufgrund ihres Aussehens vom öffentlichen Leben auszuschließen, wie zum Beispiel Schwimmbäder. Das Gesetz verstößt gegen sämtliche Grundrechte, das im Mai als fertiger Entwurf im bayerischen Kabinett beschlossen wurde.

Bei diesem Gesetz handelt es sich eher um Ausgrenzung, als um Integration. Statt Menschen werden hier Probleme gesehen, statt Lösungen rassistische Maßnahmen. Es wird einem suggeriert, dass nahezu alle Geflüchtete und Migranten kriminell seien. Wie kann man eine ,,gelungene“ Integration erwarten, wenn seitens der Regierung Rassismus geschürt und somit gegen andere Völkergruppen gehetzt wird?

Gizem A.