Die gesellschaftlichen Probleme der im Ausland lebenden Türkeistämmigen scheinen die AKP-Regierung wenig zu interessieren. Dies verdeutlichte nochmals das von der islamisch-konservativen Regierung organisierte Treffen in Ankara.

Unter dem Motto „Treffen der Zivilorganisationen“ lud die türkische Regierung 500 türkeistämmige Vereine, Organisationen und Föderationen aus 17 Staaten ein, um mit deren Vertretern über die aktuelle Lage der Türkeistämmigen in den jeweiligen Staaten zu sprechen.

Dabei ging es allerdings nicht um die gesellschaftlichen Sorgen und Probleme der Türkeistämmigen in den jeweiligen Staaten, sondern darum, wie die Politik der AKP diesen näher gebracht werden kann. Ziel der AKP-Regierung ist es nämlich, eine starke „türkische Diaspora“ aufzubauen, bei der Religion und Herkunft im Vordergrund stehen. Jeder Einzelne soll ein Repräsentant der Türkei sein. Demzufolge beabsichtigt die türkische Regierung das Hauptziel, die türkeistämmigen Migranten weiterhin an die Türkei zu binden. Denn in ihnen sieht sie nicht nur eine große Einnahmequelle, sondern auch die Gelegenheit, ihre Vormachtstellung im eigenen Land weiterhin auszubauen.

Die Teilnehmer
Unter den 500 teilnehmenden Organisationen waren hauptsächlich nur diejenigen vertreten, die der Politik der AKP nahestehen. So waren alle Vertreter der türkischen Konsulate, der Union of European Turkish Democrats (UETD), der DITIB, Der Türkischen Gemeinde Deutschland (ATT) und der IKM (Islam Kültür Merkezleri) vertreten. Die nationalistisch-religiös gesinnte Organisation Milli Görüs war ebenfalls anwesend. Diese Organisation macht immer wieder auf sich aufmerksam mit Morddrohung gegen türkeistämmige Intellektuelle, wie den Autor Metin Gür, die das System der Türkei öffentlich kritisierten. Unter anderem wurden auch die Föderation der Alevitischen Gemeinde in Deutschland (AABF) und Vertreter der Konföderation der europäischen Aleviten (AABK) eingeladen. Diese nahmen allerdings aus Protest gegen die AKP-Regierung diesmal nicht an der Versammlung teil.

Fleißig die Taschen stopfen
Wichtige Streitpunkte sind außer Acht geblieben. So hat keiner moniert, dass die AKP im letzten Jahr, die sogenannte „Gebühr zur Befreiung vom Militärdienst“  auf 10.000 Euro angehoben hat und damit vielen jungen türkeistämmigen Männern das Leben schwer macht. Hinzukommt die komplizierte Bürokratie in den Konsulaten, die ebenfalls sehr kostspielig und unübersichtlich sind.

Forderungen und eigene Interessen im Vordergrund
Nach außen hin wurde seitens der Regierung immer wieder erklärt, man wolle sich der Probleme der im Ausland lebenden Türkeistämmigen annehmen. Vielmehr standen für sie ihre eigenen Interessen im Vordergrund. Deshalb begrenzten sich die Regierungsvertreter auf einen Forderungskatalog, den sie den Vertretern aufbürdeten. Hauptziel ist es dabei, die Türkeistämmigen an ihre religiöse und ethnische Herkunft zu fesseln, um selbst ihren Einfluss noch weiterhin zu stärken. Ein wichtiger Schritt hierfür ist bereits schon getan. Die AKP bringt 2014 die Wahlurnen nach Europa und möchte sich von den in Europa lebenden Staatsangehörigen wählen lassen. Damit bekommt der Integrationsprozess einen weiteren Seitenhieb und die Leidtragenden sind wieder die Türkeistämmigen, wenn der türkische Wahlkampf nach Deutschland übertragen wird. Denn was haben Menschen von Wahlen in einem Land, in dem sie gar nicht leben? Nichts! Denn die Politik wird in der Türkei gemacht.

Onur Kodas