Vor neun Jahren wurde die Wehrpflicht ausgesetzt. Seitdem geht die Bundeswehr jedoch offensiv in die Öffentlichkeit und nutzt die Arbeits- und Alternativlosigkeit unter Jugendlichen dafür aus, um neue Rekruten für sich zu gewinnen. Dafür schreckt sie nun auch nicht mehr davor zurück, das Ehrenamt zu vereinnahmen: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) möchte einen neuen Freiwilligendienst unter dem Namen „Dein Jahr für Deutschland“ einführen. Dieser soll sich von dem regulären allgemeinen Wehrdienst dadurch unterscheiden, dass die Rekruten nicht im Ausland eingesetzt werden und der Dienst insgesamt ein Jahr in zwei Phasen umfasst: eine militärische Ausbildung von 7 Monaten und eine Teilnahme von weiteren 5 Monaten an Übungen und Einsätzen (z.B. bei Naturkatastrophen) in der Region. Anschließend sollen die Rekruten in der „Territorialen Reserve“ für einem Zeitraum von 6 Jahren zur Verfügung stehen.

Die Verteidigungsministerin singt ein neues Lied über Heimatliebe: Heimat sei etwas „was für die Menschen in unserem Land schützenswert ist“, „ist nicht die Region, aus der man stammt“ und „ist ein Lebensgefühl, mit dem man Miteinander und Zusammenhalt verbindet“. Wie es die Bundeswehr mit der Heimattreue hält, hat sich bereits in den letzten Jahren deutlich gezeigt: offen rassistische und faschistische Gruppierungen in den Kasernen, Hitlergrüße und Waffenverstecke bei dem Kommando Spezialkräfte (KSK) oder das Verschwinden von zehntausenden Schuss Munition sind nur einige Beispiele dafür. Das Projekt „Dein Jahr für Deutschland“ bildet eine hervorragende Möglichkeit dafür, von rechter Politik beeinflusste Jugendliche für die Bundeswehr einzuspannen und sie auf den Einsatz im Inneren zu drillen.

Doch nicht nur deshalb ist das „Jahr für Deutschland“ abzulehnen. Statt Mittel zur Verfügung zu stellen, damit Jugendliche tatsächlich gesellschaftlich relevante Ehrenamtsarbeit z.B. in Form des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) leisten können, wird die Unterfinanzierung dieses Bereiches für Aufrüstung und Militarisierung genutzt. Deshalb unterstützen wir auch die Kritik der Sozialverbände, dass „Menschen, die freiwillig in der Pflege, Alten- oder Behindertenhilfe arbeiten“, kein Zugticket zur Verfügung bekommen und mit ca. 300 Euro verhöhnt werden. Während die Bundeswehr jährlich in Milliardenhöhe bereichert wird und Freiwillige für die siebenmonatige Ausbildung mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1550 Euro anzulocken wissen, ist es der soziale Bereich, der gerade in Zeiten der Pandemie, jede Unterstützung verdient.

Deshalb fordern wir das Aussetzen des „Jahrs für Deutschland“ und fordern die Unterstützung und Ausfinanzierung des Ehrenamts für die Bedürfnisse der Menschen – nicht für den Krieg!