Michael Moores neuesten Film sollte man gesehen haben.
,Mit Donald Trump wird abgerechnet, aber das ist nicht, was “Fahrenheit 11/9” ausmacht, denn gezeigt wird auch wie Bill Clinton die Sozialstandards senkte und die Gesetze für Unternehmen lockerte, wie Barack Obama mehr Spenden von der wohl einflussreichsten Bank der Welt Goldman Sachs bekam, als jeder andere Präsident vor ihm,wie Hillary Clinton dem Irakkrieg zustimmte und wie Establishment-Demokraten die Vorwahlergebnisse in West-Virginia fälschten, um Clinton zu pushen, obwohl eigentlich Bernie Sanders alle Bezirke gewonnen hatte. Für Moore mit ein Grund dafür, dass der größte Teil der Amerikaner danach gar nicht erst wählen ging.
Wie kaputt…
So richtig mooretypisch eindrücklich zeigt der Filmemacher wie kaputt die Verhältnisse auch schon vor Trumps Wahl waren, als er sich ausführlich einem Skandal in seiner Heimatstadt Flint widmet. Der vorwiegend von Afroamerikanern bevölkerte Industriestandort in Michigan leidet seit Jahren unter verseuchtem Trinkwasser, weil der Gouverneurs Rick Snyder aus eigenen wirtschaftlichen Interessen das Wasser nicht mehr dem See entnehmen ließ, sondern dem verschmutzten Flint River. Tausende Kinder wurden mit Blei vergiftet, viele erkrankten, einige starben doch General Motors bekam weiter einwandfrei geklärtes Wasser, weil das Trinkwasser seine Autos korrodiert hätte.
Das andere Amerika
Dieser Film zeigt uns aber auch ein ganz anderes Amerika. Ein Amerika in dem Lehrer*innen streiken, sogar ohne Gewerkschaft und damit ihren Job und ihre Zukunft aufs Spiel setzten. Ihre Streiks weiten sich in allen Bundesstaaten aus und erreichen die Einlösung jeder einzelne ihrer Forderungen. Es zeigt ein Amerika, in dem Schüler*innen in Parkland, Florida nach dem Massaker an ihrer Highschool sich mit der Waffenlobby anlegen und eine bundesweite Schüler*innenbewegung, den March of Our Lives,organisieren.
Wozu diese Doku?
„9/11“ hatte das klare Ziel, die Wiederwahl Bushs zu verhindern, und scheiterte, „Bowling for Columbine“ sollte die Waffengesetze verändern und entfachte eine anhaltende Debatte, „Sicko“ propagierte das Gesundheitswesen zu reformieren und mündete in Obama Care, schreibt Filmredakteur Hanns-Georg Rodek. Wir sind gespannt in was “Fahrenheit 11/9” mündet, der das gesamte politische System der USA in Frage stellt, denn „Es ist keine Demokratie“, so Moore, „wenn der Kandidat mit den meisten Stimmen nicht gewählt wird.“
Zumindest erschien „Fahrenheit 11/9“ in den USA rechtzeitig vor den Kongresswahlen, die bekanntlich einige Überraschungen bereithielten, wie die nun jüngste Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez aus der Bronx, New York, die sich selbst als demokratische Sozialistin bezeichnet oder Rashida Tlaib aus Michigan, die erste Muslima im Kongress.
Der Film endet mit der bitteren wie zuversichtlichen Einsicht: “We don’t want America great again” (Wir wollen nicht zurück zu einem großartigen Amerika”) in Anspielung auf eine Phrase, die alle US Präsidenten der vergangenen Jahre, Bill Clinton, wie Bush, Obama und Trump, in ihren Wahlkämpfen benutzten. “Wir wollen ein Amerika, das es noch nie gab! Manchmal, braucht es dafür vielleicht einen Donald Trump, damit wir aufwachen”.
Starke Worte. Starker Film.
Kommentare von Zara Gül