Zunächst kam die Behauptung in der algerischen Zeitung „Al-Vatan“ vom 10. April. Danach sollen Vertreter der türkischen und syrischen Geheimdienste  nach der Ausrufung der Demokratischen Föderation Nordsyrien/Rojava unter algerischer Vermittlung zusammengekommen sein. Einige arabische Onlineportale berichteten von den Gesprächen, die auf Wunsch der Türkei stattgefunden hätten. Anderen Berichten zufolge fanden sie unter Beobachtung des Iran statt.

Die Berichte wurden bisher weder von türkischen, noch von syrischen oder iranischen Stellen dementiert. Im Gegensatz gibt es offizielle Erklärungen darüber, dass nichts gegen solche Gespräche sprechen würde. So könnten beispielsweise nach Ansicht der AKP-Abgeordneten Mehmet Metiner Ankara und Damaskus zusammenkommen, um eine gemeinsame Politik gegen die Teilung Syriens auszuarbeiten. Auch der syrische Botschafter in Ankara, Nidal Kabalan, erklärte in einem Interview mit BBC-Turkish, es würde ihn „nicht überraschen, wenn zwischen beiden Ländern indirekte Gespräche geführt würden.“ Zugleich gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass das Erdoğan-Regime frühere Generäle von der neo-faschistischen Vatan Partei bereits beauftragt hat, solche indirekten Gespräche zu führen. So war eine vom früheren Generalstabschef geführte Vatan-Delegation zuletzt im Mai nach Syrien gefahren.

D.h. es werden bereits Gespräche zwischen der Türkei und Syrien-Irak geführt. Und dabei geht es nicht um Gespräche von Perinceks Vatan Partei. Vielmehr stehen sie im unmittelbaren Zusammenhang mit staatlichen Initiativen. Erinnert sei dabei an den Besuch von  Davutoğlu Anfang März im Iran. Dabei wurde unterstrichen, dass beide Länder trotz Meinungsverschiedenheiten „im Hinblick auf regionale Themen gemeinsame Perspektiven entwickeln“ würden. Eine andere Entwicklung, die zeitgleich Aufmerksamkeit erregte, war das Auftreten von Meinungsverschiedenheiten zwischen Russland und dem Iran. Der Letztere hatte sich offen gegen die von Russland und USA ausgehandelte Feuerpause ausgesprochen.

Es ist offensichtlich, dass die Ausrufung einer von Kurden (PYD) geführten Demokratischen Föderation im Norden von Syrien die Türkei, Syrien und den Iran stark gestört hat. Das haben sie mit diversen Erklärungen deutlich gemacht. Denn die Ausrufung der Demokratischen Föderation wird vor allem unweigerlich zum Scheitern der Lösung führen, die das Erdoğan-Regime der Türkei aufzuzwingen versucht und die keinen Status für Kurden vorsieht. Die Föderation zwingt auch das Assad-Regime zu einer Änderung seiner bisherigen Politik. Und sie wird auch Auswirkungen auf die kurdischen Teile des Iran zur Folge haben. Deshalb überrascht es nicht, dass die betroffenen Parteien zusammenkommen, um diese Entwicklung zu stoppen.

Was sind die Grenzen und mögliche Folgen dieses angestrebten antikurdischen Bündnisses? Zunächst muss hier die Frage beantwortet werden, wer sich am meisten davon verspricht. Es liegt auf der Hand: die USA sehen sich als die größten Profiteure. Der Grund dafür ist offensichtlich: die Kurden, die das auf die regionalen Konflikte zurückzuführende Gleichgewicht für sich nutzen, würden im Zuge einer solchen Entwicklung stärker auf die USA angewiesen sein.

Und wie sieht es für Russland aus? Russland war das erste Land, das die PYD und die Rojava-Kurden anerkannt hat. Und es wäre damit nicht einverstanden, wenn die USA zum alleinigen Partner der Kurden würden. Sollte der Iran weiterhin seine traditionelle antikurdische Haltung und das gemeinsame Vorgehen mit der Türkei gegen sie fortsetzen, würden die Widersprüche zwischen ihm und Russland größer werden.

Genauso könnte das Assad-Regime sich neue Chancen angesichts der Entwicklungen ausrechnen. Allerdings würde es das Regime im Kampf gegen die islamistischen Terrororganisationen vor neue Schwierigkeiten stellen, wenn es den Weg zum Dialog mit den Kurden völlig sperren würde.

Kurzum: auch wenn sie kaum Aussicht auf Erfolg haben, spielen solche Initiativen den Imperialisten in die Hände. Und sie stellen die Völker bei ihrer Suche nach einer demokratisch-friedlichen Lösung in eine ausweglose Situation. Also muss man heute gegen die Politik des Erdoğan-Regimes, die den Krieg im Land mit Interventionen in Rojava verknüpft, offen Stellung beziehen und sich mit den Völkern bei ihrem demokratischen Kampf solidarisieren.