Seit gestern spricht jeder über Thomas Kemmerich von der FDP, den neu gewählten Ministerpräsidenten von Thüringen. Die FDP hatte bei den Landtagswahlen im Oktober 2019 aber nur 5% der Stimmen erhalten und ist nur ganz knapp eingezogen. Wie können sie jetzt einen Ministerpräsidenten stellen?
Schauen wir uns das Ganze näher an: bis vor kurzem gab es in Thüringen einen Ministerpräsidenten (Bodo Ramelow), der von der Partei Die Linke gestellt wurde. Auch bei dieser Wahl erhielten sie die meisten Stimmen, hätten aber für eine Mehrheit im Parlament Kooperationen mit anderen Parteien eingehen müssen. In Frage käme eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung, also Linke, SPD und Grüne.
Aber es kam anders. Die AfD wird in Thüringen von Björn Höcke angeführt, ein offen rassistischer und faschistischer Politiker. Dieser hat es sich zu seiner Aufgabe gemacht, die Minderheitsregierung zu verhindern. Der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) veröffentlichte ein Schreiben, in dem Höcke die Vorsitzenden der Thüringer FDP und CDU dazu auffordert sich zu verbünden. Die AfD sieht bei den zwei Parteien vor allem Gemeinsamkeiten in den Bereichen Asyl- und Einwanderungspolitik, innere Sicherheit und Bildungspolitik.
Obwohl während des Wahlkampfs große Töne gespuckt wurden und alle Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausdrücklich ausgeschlossen haben, hat sich das Blatt drastisch gewendet. Drei Kandidaten traten zur Wahl des Ministerpräsidenten an, Ramelow von der Linken, Kemmerich von der FDP und Kindesvater von der AfD. Die AfD und die CDU stimmten im letzten Wahlgang geschlossen für Kemmerich, womit sie ihr Bündnis vor den Augen der Öffentlichkeit realisierten. Zur Erinnerung: Der eigene Kandidat der AfD erhielt keine einzige Stimme!
Obwohl die FDP mit grade mal 5% die Hürde ins Parlament überwunden haben, haben sie es in gemeinsamer Sache mit AfD und CDU geschafft, an die Regierungsspitze zu kommen. Ganz nach dem Motto: „Lieber mit Rassisten und Faschisten regieren, als gar nicht.“ Sowohl die FDP als auch die CDU werden in dieser Regierung immer mit der AfD kooperieren müssen und sich auf sie abstützen. Für Björn Höcke geht dabei ein Plan auf. In seinem letzen Post auf Instagram schrieb er: „Erstes Wahlversprechen eingelöst“ – wenn das mal keine Ansage ist.
Die Bundesspitzen von CDU und FDP fordern derweil Neuwahlen und den Rücktritt von Kemmerich. Nachdem deutschlandweit tausende Menschen gegen die Wahlen in Thüringen protestiert haben, scheint ihr Allerwertester auf Grundeis zu gehen, denn sie befürchten weitere Stimmenverluste bei bevorstehenden Wahlen. Die wahre Haltung der bürgerlichen Parteien zur AfD hat sich allerdings bereits gezeigt, die CDU Thüringen hat sich zum Beispiel schon gegen Neuwahlen positioniert.
Jetzt hat die FDP in Thüringen Neuwahlen angekündigt. Diese Entscheidung ist doch eher auf den großen Druck und die Proteste von gestern Abend zurückzuführen, als darauf, dass man die Stimmen der AfD nicht haben will. Das zeigt die Tatsache, dass die Wahl – wohlwissend wie die Mehrheitsverhältnisse sind- angenommen wurde und das bereits oben erwähnte Schreiben der Afd, das ein Bündnis mit der FDP und der CDU einforderte.
Wir halten fest: In Thüringen wurde gestern Geschichte geschrieben, Geschichte, die sich zu wiederholen scheint. Dabei können und dürfen wir nicht zu sehen. Es liegt an uns, alle unsere demokratischen und fortschrittlichen Kräfte zu verbinden, um Rassismus und Faschismus von den Straßen, den Schulen, Unis und Betrieben, Institutionen und Parlamenten zu fegen!
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