no-job-aktion-03-07-2013Nun „geht“ Peter Hartz, nachdem die neolibaralen Arbeitsmarktreformen in Deutschland benannt wurden, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit „an“. Er nimmt sich das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa vor. „Wir haben jetzt über fünf Millionen junge Arbeitslose in Europa. Und das geht gar nicht“, sagt Peter Hartz. Die Jugendarbeitslosigkeit sei mit einer „Talentdiagnostik“ zu bekämpfen. In Saarbrücken stellte er ein Konzept vor, das mehr junge Leute in Europa in Jobs bringen soll. Grundidee sei die individuelle Förderung und die temporäre Vermittlung junger Arbeitssuchender in andere europäische Länder.

2013 lag die Jugendarbeitslosigkeit in der Europäischen Union im Schnitt bei 18,8 Prozent, im Euro-Raum waren es sogar 20,2 Prozent, bestätigt die Statistikbehörde Eurostat. Obwohl Europa „so reich ist und so viele Ressourcen hat“ gibt es über fünf Millionen junge Leute in Europa ohne Job, sagte Hartz zum Auftakt einer dreitägigen Konferenz über seine „Europatriates“ genannte Initiative.

„Intelligenzkapaziäten“

Das Ziel des Programms sei, dass sich Jugendliche mit der sogenannten „Talentdiagnostik“ ihrer Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen bewusst werden. Die Forscher haben parallel dazu ein System entwickelt, das den Bedarf an festgelegten Dienstleistungsberufen in einzelnen europäischen Regionen ermittle. Das heißt, dass in Zukunft sollen Jugendliche auf einen „passenden“ Arbeitsplatz in einem anderen Land vermittelt werden können. Die Jugendlichen sollen im Gastland Berufserfahrung sammeln und später im eigenen Land einsetzen, erklärt Hartz. Des Weiteren sagte der emeritierte Psychologieprofessor Hilarion Petzold, der an dem Konzept mitgearbeitet hat: „Wir investieren dabei nicht nur in die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, sondern darin, dass Europa europäischer wird.“ Damit keine volkswirtschaftlichen Schäden entstehen, solle die Gesellschaft die „Intelligenzkapaziäten“ der jungen Menschen nutzen. Sonst gehe die Wertschöpfung verloren und durch die Arbeitslose werde die öffentliche Hand belastet.

215 Milliarden Euro

Um der Jugendarbeitslosigkeit entgegenzutreten und das Problem der Jugend lösen zu können, „brauchen Sie ganz andere Summen, ganz andere Ressourcen“. Eine Expertenrunde sei auf eine Summe von etwa 215 Milliarden Euro gekommen. Um die Arbeitslosigkeit der Unter-25-Jährigen in Deutschland zu beseitigen, seien dabei 13,52 Milliarden Euro nötig. Von Seiten der Europäischen Kommission gebe es derzeit Summen um die „sechs oder neun Milliarden Euro“. „Das ist eine große Zahl, doch nicht ausreichend.“

Noch mehr Wünsche?

Die Grundidee, die individuelle Förderung und die temporäre Vermittlung junger Arbeitssuchender in andere europäische Länder, wird also die Rettung der Jugendlichen sein? Diese Idee soll dazu dienen, Jugendlichen einen „passenden“ Arbeitsplatz in einem anderen Land zu vermitteln?

Den Jugendlichen fehlt es doch nicht Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interesse, oder? Viele dieser arbeitslosen Jugendlichen haben einen schulischen Abschluss oder eine abgeschlossene Ausbildung, so dass sie keinen Job finden. Des Weiteren gibt es Jugendliche, die keine Ausbildungsstelle finden. Junge Menschen sollen im Ausland Berufserfahrungen sammeln, bezwecke dieses Projekt. Doch die Frage ist, in welchem europäischen Land? In Griechenland, Spanien, Frankreich oder Italien? In Griechenland ist fast jede/r zweite/r Jugendliche arbeitslos. Wie viele Jugendliche sollen ins Ausland und wie viele Jugendliche wollen die einzelnen europäischen Staaten aufnehmen, während im eigenen Land hohe Arbeitslosigkeit herrscht?

Talentdiagnostik, was ist das für ein Wort? Das ist eine indirekte Diskriminierung und bezeichnet die Jugend als minderwertig. Ist sich die Jugend nicht von ihren Talenten, Interessen und Begabungen bewusst, so dass sich ein paar Manager darüber Gedanken machen müssen? Das Problem ist, dass sich die Jugend im System nicht wiederfindet. Die Wege für einen Job sind für den Einen oder Anderen in der Gesellschaft ganz oft gesperrt, da der junge Mensch bestimmte Kriterien für diesen nicht erfüllt. Wie wird die Talentdiagnostik mit solch einem Problem umgehen? Das vorhandene europäische Jugendarbeitslosigkeitsproblem wird womöglich sogar verstärkt, wenn nun auch och in Deutschland ausgebildete sich um Jobs in sowieso wirtschaftlich geplätteten Ländern bewerben.

Silan Kücük