kritikKritik ist durchaus ein wichtiger Antrieb für eine Gesellschaft. Eine Gesellschaft ohne eine kritische Masse wäre wohl eine der Ja- und Amensager. Die bestehenden Verhältnisse und sogar das gesamte System zu kritisieren und zu hinterfragen, sind zwingend notwendig. In der Schule und mittlerweile an den Universitäten wird den jungen Menschen in Deutschland nur noch bloßes Auswendiglernen beigebracht. Nach der Devise, richte dich nach dem, was zum Erfolg führt und diesem Ziel nützlich ist (Pragmatismus – ersetzt die Frage nach der Wahrheit durch die Frage der Nützlichkeit). Gleichzeitig hört man jedoch an jeder Ecke, wie wichtig es ist, Dinge kritisch zu hinterfragen. Den gesunden Umgang mit Kritik sucht man hier jedoch vergebens. Kritik bedarf auch, wenn man der Oberflächlichkeit nicht entfallen möchte, die Gesetzmässigkeit, Zusammenhänge und den Prozess der Entwicklung zu erkennen, zu erfassen.

Vor allem in den letzten Jahren sind zwei große Pole weiter in den Vordergrund gerückt. Einerseits jene, die gar nichts kritisch reflektieren. Die die perfekten Spielfiguren des Systems sind. Glauben, dass sie solange sie nur hart genug arbeiten, die Spielregeln befolgen und sich nur um sich selbst kümmern, ein gutes Leben führen können. Ihnen einen Vorwurf zu machen, ist schwierig. Sie gehen den geschickten Lügen der Herrschenden, ohne es zu ahnen, auf den Leim. Etwas zu hinterfragen wurde ihnen nie nahegelegt. Dann gibt es noch die andere Gruppe. Eine Gruppe, auf die man immer öfter in Deutschland trifft. Die „bloß-alles-kritisieren“-Fraktion. Das sind die Menschen, die irgendwann mal irgendwo aufgeschnappt haben, dass Kritik wichtig ist und ihrem Grundsatz, bloß alles zu kritisieren, treu bleiben. Diese Gruppe rutscht zudem auch schnell in die „Besserwisser“-Kategorie ab. So wird aus Kritik sehr bald ein bloßes Meckern.

Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen „Kritik“ und „Meckern“? Während Kritik davon ausgeht, dass man sich mit einem Thema auseinandergesetzt hat und die Kritik als ein Mittel für Weiterentwicklung gesehen wird, dient das Meckern nur dazu, seinem Unmut Ausdruck zu geben. Gerade jene zuvor erwähnte Gruppe in der Jugend bevorzugt vor allem letzteres. Niemand ist vor ihrem schonungslosen Gemecker sicher. Alle Arbeit und Mühe, alle Gedanken, die man sich gemacht hat, werden von ihrem Spott niedergewalzt. Zwar erkennen viele von ihnen auch die gesellschaftlichen Missstände, jedoch meckern sie lieber darüber, als diese kritisch zu hinterfragen oder Lösungsansätze zu liefern oder verfallen eher Stammtischparolen, als die Probleme an der wahren Wurzel anzupacken. Man erkennt wohlmöglich, dass etwas nicht richtig läuft und scheut sich nicht davor, eben dies zu kritisieren, jedoch etwas zu tun oder etwas zu verändern, dafür ist man sich zu schade. Für seine Rechte und Überzeugungen auf die Straße zu gehen, kommt für sie nicht in Frage. Alle Probleme werden natürlich gelöst, indem man sich ständig vor der Familie und den Freunden darüber beschwert.

Wie also kann Kritik ihren Zweck erfüllen, wenn man gar nicht vor hat, irgendetwas zu verändern? Wenn kritisiert wird, nur um der Kritik wegen? Wenn Kritik, zu einer Modeerscheinung instrumentalisiert wird? Absichtlich natürlich, denn auch „alternativ“ zu sein, wird durchaus vom System begrüßt. So wird der Anschein erweckt, dass es eine gewisse Vielfalt in der Gesellschaft gibt. Karl Marx sagte einst: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an sie zu verändern“. Ist das nicht ein ähnlicher Fall? Die Verantwortung, das Kritisierte auch zu verändern. Kritische Haltung also impliziert auch, das Bewusstsein einer praktischen Verantwortung zur Veränderung.

Das soll nicht heißen, dass vor allem Jugendliche nur meckern, anstatt etwas zu verändern. Das Gegenteil sehen wir momentan in vielen Ländern. Der arabische Frühling wurde weitgehend von Jugendlichen getragen. Die Jugendlichen in Griechenland oder Spanien kämpfen tagtäglich auf den Straßen gegen die Auswirkungen der Krise. Die Jugend der Türkei hat die Fehler in ihrem Land erkannt und übt nicht nur länger ihre Kritik, sondern will auch etwas verändern.

Kritik ist zweifelsohne sehr wichtig und in den Händen der Unterdrückten kann sie eine mächtige Waffe sein. Aber es kommt auch darauf an, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Etwas, was auch in Deutschland bereits viele erkannt haben und in Zukunft hoffentlich noch mehr erkennen werden.