Unbenannt-5In den Medien wird derzeit mal wieder ein Bild bedient, dass im Wahlkampf auf der einen Seite ein „bürgerlicher Block“ steht und auf der anderen Seite die angeblich linken Parteien SPD und Grüne. Dieses Bild von einem „Lagerwahlkampf“ wird auch von Grünen und SPD unterstützt, indem sie die schreiende soziale Ungerechtigkeit in diesem Land im Wahlkampf zum Thema machen. Was dabei aber verschwiegen wird, ist, dass die Verantwortlichen für diese Situation keineswegs nur bei der CDU und der FDP zu suchen sind.

Das Bild des Lagerwahlkampfs blendet aus, dass SPD und Grüne in ihren Regierungsjahren 1998-2005 wesentlich dazu beigetragen haben, dass die soziale Ungerechtigkeit erst diese Ausmaße annehmen konnte. Hartz IV und die Agenda-Politik waren ausdrücklich mit dem Ziel geschaffen worden, um einen großen Niedriglohnsektor aufzubauen. Dieses Ziel ist nun „erfolgreich“ erreicht worden. Deutschland hat heute nach Estland und Zypern den drittgrößten Niedriglohnsektor in Europa. Während CDU, SPD, FDP und Grüne von einem angeblichen Jobwunder sprechen und nur kleine „Auswüchse“ beseitigen wollen, gibt es über sieben Millionen Minijobber und über acht Millionen Beschäftigte, die Löhne unterhalb der Armutsschwelle bekommen. Das dies zukünftig zu massenhafter Altersarmut führen wird, ist ebenfalls allen bewusst. Sie wollen aber alle eine Mindestsicherung im Alter von gerade einmal 850 € an Bedingungen knüpfen, mindestens dreißig oder vierzig Jahre Beiträge gezahlt zu haben. Gerade für Beschäftigte im Niedriglohnsektor, die immer wieder auch mal für eine gewisse Zeit arbeitslos werden können, ist es eine Illusion, diese Anzahl an Beitragsjahren zu erreichen.

Auch in der Frage der Bankenrettung und der repressiven Kürzungspolitik gegen die Länder Südeuropas waren sich SPD und Grüne mit der schwarz-gelben Regierung über die vergangenen Jahre immer einig. Von daher ist es völlig unglaubwürdig, wenn Steinbrück jetzt die Europapolitik von Angela Merkel kritisiert. Tatsächlich war es ihm dann auch viel wichtiger, dass Merkel den Vorwurf, dass die SPD in Europafragen unzuverlässig sei, zurücknimmt, als dass er tatsächlich eine Abkehr von der europäischen Unterdrückungspolitik gegenüber den Staaten Südeuropas befürworten würde.

Die wichtigste Frage, in der sich diese Parteien in der Vergangenheit immer einig waren, ist aber die Kriegsfrage gewesen. Es gab seit 1999 keinen Einsatz der Bundeswehr im Ausland, der nicht von allen vier Parteien gemeinsam beschlossen wurde.

In all diesen Fragen gab und gibt es aber eine Partei im Bundestag die widersprochen hat und deshalb heute sowohl von den anderen vier Parteien als auch von den bürgerlichen Medien bei jeder Gelegenheit als unnützer Außenseiter, als weltfremde Spinner oder gar als gefährliche Verfassungsfeinde dargestellt wird. DIE LINKE hat sich bislang konsequent gegen Einsätze der Bundeswehr, gegen Bankenrettungspakete auf Kosten der Menschen und gegen die Umverteilung von unten nach oben ausgesprochen.

Damit dieser Widerspruch auch weiterhin möglichst viel Aufmerksamkeit bekommt, ist ein gutes Ergebnis für DIE LINKE notwendig. Allerdings sollte dabei nicht die Illusion geschaffen werden, dass es allein die Stimmabgabe für DIE LINKE ist, die die Situation der Menschen in diesem Land verbessern würde. DIE LINKE konnte in den vergangenen Jahren zwar im Parlament gegen die Politik der anderen Parteien agieren, aber Veränderung konnte nicht wirklich erreicht werden. Dafür war das Niveau an Kämpfen in Deutschland viel zu niedrig. Auch wenn es gute Ansätze gab, wie eine Zunahme an Streiks in den Betrieben und Bewegungen wie Blockupy, ist es im Vergleich zu vielen anderen Ländern in Deutschland sehr ruhig. Erst wenn es gelingt, diese deutsche „Friedhofsruhe“ zu beenden, kann es auch wieder wirkliche Verbesserungen geben.

Nils Böhlke