Seit 1949 können die Arbeiterinnen in Deutschland das erste Mal den 1. Mai nicht auf den Straßen begehen. Wir gehen durch eine außergewöhnliche Zeit, doch unsere Forderungen nach einer lebenswerten Zukunft bleiben noch immer bestehen.

Sie rücken mehr und mehr in den Vordergrund. Errungenschaften der Arbeiterklasse, die bereits erkämpft worden sind, werden aktuell durch Pandemie-Pakete ausgehebelt. 12-Stunden Arbeitstage sind nun erlaubt und auch gesetzliche Ruhezeiten wurden von 11 auf 9 Stunden verringert. Auch Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen sind nun möglich.

Ausgerechnet die Wirtschaftskrise 2008/2009 und deren Folgen werden herangezogen um „Rettungsschirme“ als Heilmittel in der Krise aufzuzeigen. Die Rettungsschirme galten damals den Banken und Konzernen, deren Schulden durch die öffentlichen Haushalte bezahlt wurden. Die dadurch entstandenen Schulden im Haushalt, wurden anschließend durch Kürzungen im Gesundheitssystem, Privatisierung von Krankenhäusern, fehlendes Pflegepersonal, fehlende Ärzte und fehlende Investitionen in Bildung ausgeglichen. Wir erleben ein Déjà-vu. Während Aktionäre und Manager in der Automobilindustrie in diesem Frühjahr mit fetten Boni rechnen können, müssen die Werktätigen versuchen mit 60% des Lohns in Kurzarbeit auszukommen. Eine Milliarde Euro Dividende bekommt die Porsche-Piëch-Clan für seine Aktienpakete bei Volkswagen, die Scheichs von Katar mehr als 300 Millionen Euro. Die Rekordergebnisse von VW aus dem Jahr 2019 lassen die Bonuszahlungen der Manager um 12 (VW, Skoda, Porsche), 13 (Audi) oder sogar 27 (Bentley) Prozent steigen. Selbst eine Aufstockung mit der Grundsicherung – Hartz IV für einzelne Beschäftigte macht den Ausfall an Entgelt nicht wett. Geringfügig Beschäftigte wie Mini-Jobber, wovon auch viele Studierende, Schüler und Rentner betroffen sind, haben keinen Anspruch auf Kurzarbeit. Wir Auszubildende haben trotz besonderen rechtlichen Schutzes dennoch mit Zukunftsängsten zu kämpfen. Durch die aktuellen Maßnahmen zu Corona stehen viele mit einem Bein in der Arbeitslosigkeit.

Dabei ist die Situation für Azubis ohnehin schon schwierig. Um ein selbstständiges Leben führen zu können, ist eine Mindestausbildungsvergütung unverzichtbar. Damit müssen wir die Möglichkeit haben, uns ungestört auf unsere Ausbildung zu konzentrieren, sowie ein soziales und kulturelles Leben zu führen. Deshalb fordern wir als DIDF-Jugend eine Mindestausbildungsvergütung angelehnt an die bereits erkämpften Tarifverträge im öffentlichen Dienst, sowie in der Metall – und Elektroindustrie und uneingeschränkt in Krisenzeiten von: 1.050 € im 1. Ausbildungsjahr, 1.120 € im zweiten und 1.190 € im dritten, sowie 1.250 € im vierten Ausbildungsjahr.

Immer mehr Betriebe senken ihre Übernahmeregelungen oder begehen Verstöße gegen bestehende Regelungen. Die Unsicherheit, ob man nach einer stressigen Ausbildungszeit ohne eine feste Arbeitsstelle dasteht, belastet uns junge Menschen enorm. Wir brauchen eine gesetzliche Übernahmegarantie, mit der eine Sicherheit über unsere Zukunft hergestellt wird und nicht ausgesetzt werden kann, aufgrund von Krisen, die wir nicht verursacht haben.

Die Flexibilisierung von Arbeitszeiten und die Wochenend- und Schichtarbeit schränken unser Leben ein. Die von der Regierung verabschiedeten 60h Woche – 12h Arbeitstag führen zu enormen Mehrbelastungen und müssen in unserem Kampf für Arbeitszeitverkürzung Einklang finden. Wir fordern als DIDF- Jugend die 30h – Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Unsere Forderungen werden sich nicht von selbst erfüllen. Weil wir nicht dem Irrglauben verfallen dürfen, dass der Arbeitgeber sich schon gutmütig verhalten würde. Weil wir nicht denken können, dass wir einfach so einen Anspruch auf einen Ausbildungsplatz oder eine Übernahme haben oder dass sich unsere angemessene Mindestausbildungsvergütung von selbst erkämpft.

Der 1. Mai ist ein Kampftag.

Wir können dieses Jahr nicht wie gewohnt auf die Straßen, aber das hält uns nicht davon ab für unsere Forderungen einzustehen. Wir müssen unseren Forderungen über alternativen Aktionsformen Gehör verschaffen.