Mit der Verabschiedung eines neuen Gesetzes durch das türkische Parlament wurde in der Türkei ein neuer Verstoß gegen internationales Recht durchgesetzt. Nach dem neuen Gesetz ist es den Mitarbeitern der Turkish Airlines (THY) untersagt, sich an Streiks zu beteiligen. Rund 350 THY-Mitarbeiter, darunter Flugbegleiter, Wartungs- und Bodenpersonal, die sich im Vorfeld an Aktionen gegen das Vorhaben beteiligt hatten, wurden entlassen und befinden sich seitdem im Kampf für ihre Wiedereinstellung.

Nach Ansicht der Luftfahrgewerkschaft Hava-Is ist das neue Gesetz eine offene Verletzung von ILO-Standards und anderer internationaler Abkommen, die die Vereinigungs- und Tariffreiheit sowie das Streikrecht der Arbeiter und ihrer Gewerkschaften sicherstellen. Auch „§ 90 der türkischen Verfassung, der die Einhaltung internationalen Rechts vorschreibt und die betreffenden internationalen Abkommen als bindend deklariert, wird dem neuen Gesetz außer Kraft gesetzt“, so der Vorsitzende von Hava-Is, Atilay Aycin. Er bezeichnete das Gesetz so wie die Kündigungen als „ungesetzlich“ und kündigte an, der begonnene Kampf der entlassenen THY-Beschäftigten werde unbefristet und bis zum Sieg fortgesetzt.

Gewerkschaften laufen Sturm gegen das neue Gesetz              

Die Gesetzesänderung und die Massenentlassungen bei der Türkish Airlines drangen die Gewerkschaften, aktiv zu werden und einen Arbeitskampf zu starten. Viele Einzelgewerkschaften sehen in dem neuen Gesetz den Versuch, eine neue Angriffswelle gegen Gewerkschaftsrechte zu starten. So wies der Sprecher der im Dachverband TÜRK-IS unter dem Namen „Vereinigung Gewerkschaftlicher Kräfte“ organisierten oppositionellen Gewerkschaften, Kenan Öztürk, darauf hin, dass selbst nach dem Militärputsch vom 12. September 1980, bei dem die meisten Arbeiterrechte eingeschränkt bzw. abgeschafft worden waren, das Streikrecht von Mitarbeitern in der zivilen Luftfahrt nicht angetastet werden konnte. Die Gesetzesänderung, die mit den Stimmen der Regierungspartei durchgedrückt worden sei, ziele gegen die gesamte Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung. Die Regierung versuche, Gewerkschaften zu Vereinigungen ohne Kampfeskraft umzuwandeln.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Tekgida-Is, Mustafa Türkel, bezeichnete die Gesetzesänderung als „… Beweis dafür, dass die AKP-Regierung im Dienste des Kapitals steht“. Türkel erklärte, seine Gewerkschaft werde den Kampf der entlassenen THY-Mitarbeiter unterstützen. Unterstützung erfuhr Hava-Is auch vom Gewerkschaftsdachverband DISK. Adnan Serdaroglu, der Generalsektetär der DISK und Vorsitzender der Metallergewerkschaft Birlesik-Metal-Is bezeichnete das neue Gesetz als offensichtliche Menschenrechtsverletzung. „Im Angesicht dieses Verstosses gegen universale Menschenrechte ist es nichts anderes als blanker Hohn, wenn der Ministerpräsident die Ausfälle von geplanten Flügen als Benachteiligung der Bevölkerung und Beschädigung eines großen Vorzeigeunternehmens bezeichnet. Die Regierung sollte auch mal darüber nachdenken, mit welchen Benachteiligungen die Beschäftigten zu kämpfen haben, die von den Firmenleitungen terrorisiert werden“, so Serdaroglu.