syrizaWas ist die Syriza nun von der politischen Ausrichtung her? Viele Oppositionelle und Gewerkschaften sehen in diesem Bündnis eine Alternative zur heutigen herrschenden klassischen Politik des Liberalismus. Andere Kräfte hingegen, wie die griechisch-kommunistische Partei KKE, werfen der Syriza vor, sie sei eine reformistische Partei. „Eine schwarz-weiß-Malerei“ um diese Frage ist sicherlich nicht die richtige Herangehensweise. Zur Beantwortung dieser Fragestellung müssen die letzten Jahre der Krisenpolitik in Griechenland und die Haltung der Syriza vergegenwärtigt werden.

Die Krisenpolitik seit 2010…

Seit dem Börsencrash und dem Niedergang der Lehman-Brothers-Investmentbank 2008 befand sich die kapitalistische Welt in der schwersten Krise seit je her. Zur Überwindung dieser Krise setzte die kapitalistische Weltpolitik noch mehr auf Liberalisierung der Märkte und dem radikalen Abbau des sozialen Geflechts. Und im Gebilde der Europäischen Union (EU) geschieht und geschah dies unter der Hegemonie der sog. Troika. Dabei ist zu berücksichtigen, dass logischerweise die wirtschaftlich schwächsten Staaten, -wie die südeuropäischen Staaten Griechenland, Portugal und Spanien- am stärksten in Mitleidenschaft gezogen wurden. Um die Haushaltslöcher zu stopfen, leitete die damalige griechische Regierung, unter der Leitung der sozialdemokratischen PASOK, weitreichende Einschnitte im sozialen Bereich ein. So mussten beispielsweise die Angestellten des öffentlichen Dienstes große Einbußen in ihrem Einkommen erleiden. Das selbe widerfuhr auch den Rentner/Innen. Die öffentlichen Subventionen wurden komplett gestrichen, das Rentenalter wurde auf 67 hochgeschraubt und die Steuerabgaben drastisch erhöht. Ferner sind Massenentlassungen gesetzlich legitimiert worden. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies: Im Jahre 2009 bestand ein Minus von 129 % (298 Mrd. Euro) im Bruttosozialprodukt. Dieser hatte sich im Jahre 2014 auf 175% (320 Mrd. Euro) erhöht. Das bedeutet aber nicht, dass, wie es des Öfteren zu lesen war, die griechischen Werktägigen „faul“ waren.

Denn aus dem Bericht über den griechischen Haushalt 2015 geht hervor, dass die Abhängigbeschäftigten seit 2005 563 Mrd. Euro an Steuern gezahlt hätten. Dabei sei aber der Hauptteil dieser Einnahmen allerdings nicht zugunsten des Staates und der Bürger, sondern mindestens 70% davon seien zum Schuldenabbau verwendet worden. Für 2015 sind nunmehr Steuereinnahmen von 50,3 Mrd. Euro geplant, die wieder hauptsächlich in die Schuldenrückzahlung fließen sollen. Als Ziel hat man sich gesetzt, dass bis 2030 340 Mrd. Euro zurückgezahlt werden. Als Resümee des Ganzen lässt sich also feststellen, dass Griechenland in Anbetracht dieser Sachlage gar nicht in der Lage sein kann, die innergesellschaftlichen prekären Verhältnisse in den Griff zu bekommen. Mithin lässt sich festhalten, dass die Werktätigen durchaus erwirtschaften; sie aber nichts von diesem Erwirtschafteten bekommen, weil der Großteil in Steuern und Schuldentilgung abgeführt wird. Es gleicht also den Verhältnissen der Werktätigen in Deutschland nur mit dem Unterschied, dass sich das Ganze hierzulande auf einem anderen Level abspielt. Immer mehr Menschen in Deutschland können ihren Lebensunterhalt, trotz Vollzeitarbeit, nicht unterhalten. Der Niedriglohnsektor bläht sich auf, wie ein Heißluftballon und die Unternehmen begehen Tarifflucht.

…und die Syriza

Logisch war dann aber auch, dass sich das griechische Volk immer lauter und entschlossener gegen diese Politik zur Wehr setzte. Die Syriza und ihre Funktionäre nahmen nicht nur an diesen Demonstrationen und Aktivitäten teil, sondern sie unterstützten diese auch tatkräftig. Als Folge des Ganzen kristallisierte sich die Syriza für viele als eine Art „Hoffnung“ heraus. Endlich eine Partei, die spürbar auf Seiten des Volkes war und in Punkto gesellschaftlich soziale Bedürfnisse nicht bereit war Abstriche zu machen. Alleine der Kleidungsstil und das Auftreten der Syrizafunktionäre war eine andere, als die wie man sie sonst kennt. Man vermied das Tragen von Krawatten und versprach, im Falle eines Wahlsieges, mit der Troika-Politik in Bezug auf die Kreditrückzahlung zu brechen. Und tatsächlich hat der Wahlsieg der Syriza Früchte getragen. Kaum wurde Alexis Tsipras zum Ministerpräsidenten gewählt, wurde die Privatisierung des Athener Hafens gestoppt. Die entlassenen Beschäftigten im öffentlichen Dienst durften ihre Arbeit wieder aufnehmen. Und nicht nur das! Tsipras und die übrigen Funktionäre haben es geschafft, dass über die Kreditpolitik der EU nunmehr „klarer“ diskutiert wird. Tsipras hat in vielen seiner Reden und Interviews darauf aufmerksam gemacht, dass die seitens der EU vergebenen Kredite gar nicht dem Volke zugute gekommen, sondern zum größten Teil in die eigenen in Griechenland ansässigen europäischen Unternehmen geflossen seien und daher auch die humanitäre Krise weiter anhielte. Zum ersten Mal in Europa wurde dies unter der Führung einer regierenden Partei ausgesprochen.

Und nun?

Wer nun aber denkt, dass die Syriza das griechische Volk zur sozialistischen Revolution führen werde, der täuscht sich. Diesen Anspruch hatte die Syriza nie gehabt. In ihrem Parteiprogramm spricht sie davon, das Verhältnis von Gesellschaft, Staat und Privateigentum neu zu ordnen. Das heißt aber nichts anderes, als das man sich als Ziel gesetzt hat, den Kapitalismus wieder menschlicher zu gestalten. Das zeigt aber auch die gegenwärtige Politik der Syriza in den Verhandlungen mit der Troika. Tsipras hatte zuvor Wahlkampf damit gemacht, dass er einen Schuldenschnitt für Griechenland fordern und ein entsprechendes Gesetz verabschieden werde. Davon ist heute mit keinem Satz mehr die Rede. Ferner soll der Hafen doch noch verkauft werden. Auch als der Ministerpräsident das erste Mal Berlin besuchte, bewertete er das Treffen mit der Bundeskanzlerin als äußerst positiv. Beide Seiten hätten Bemühungen gezeigt, sich gegenseitig zu verstehen. Es zeigt sich also der mal wieder der „Schmusekurs“, während das humanitäre Elend in Griechenland sich weiterhin vergrößert. Wie sich die Verhandlungen weiter entwickeln werden, bleibt demnach abzuwarten.

Damit ist die Syriza eher als eine links-sozialdemokratische Partei anzusehen. Sie ist aber auch gleichzeitig ein Zeichen dafür, dass das Volk doch ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen kann. Denn ihre Stärke und ihre jetzige Haltung sind aus dem Widerstand und dem Protest des griechischen Volkes gekeimt.

Onur Kodas