Stellungnahme der Jugendverbände DIDF-Jugend NRW, junge GEW NRW, LAT NRW, LSV NRW, SJD – Die Falken NRW

Mit der Vorlage 17/4275 zur „Änderung von Vorschriften der Lehrerausbildung“ vom 24.11.2020 an den NRW Landtag plant die Landesregierung in NRW das Studienfach Sozialwissenschaften je nach Schulform des Lehramtsfachs durch die Studienfächer Wirtschaft-Politik oder Wirtschaft-Politik/Sozialwissenschaften zu ersetzen.

Schon vor der Einführung der Fächer „Wirtschaft“ beziehungsweise „Wirtschaft-Politik“ zum Schuljahr 2019/2020 an Gymnasien bzw. der entsprechenden Fächer an den jeweiligen anderen Schulformen zum Schuljahr 2020/2021 nahmen sozialwissenschaftliche und politische Themen weniger als ein Drittel in den Lehrplänen ein. Eine Neuprofilierung des Studienfachs Sozialwissenschaft würde diese Entwicklung eher noch verschärfen in Zeiten von rechtspopulistischen Strömungen und einem Erstarken von antidemokratischen Parteien, welche die Schüler_innen mit ihren zweifelhaften Weltanschauungen beeinflussen.

Wenn man sich zum Beispiel Anfang 2021 die Geschehnisse zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten, die zunehmenden rechtspopulistischen Strömungen in vielen Ländern oder die Verschwörungstheoretiker_innen auf Corona-Leugner Demonstrationen anschaut, beweist dies eindeutig, wie wichtig es ist, sich nicht nur mit dem Bereich Wirtschaft und dem Umgang mit Geld im Schulunterricht zu beschäftigen, sondern auch gesellschaftspolitischen Themen einen gleichwertigen Platz einzuräumen.

Fast alle Schüler_innen nutzen in ihrem Alltag soziale Medien wie Facebook, WhatsApp oder YouTube. Digitale Kanäle dienen laut der Shell-Studie 2019 auch als wichtigste politische Informationsquelle für junge Menschen. Hier treffen die Schüler_innen aber immer mehr auf Fake News, Hate Speech oder Verschwörungstheorien, die sie womöglich ungefiltert aufnehmen. Das Fach Sozialwissenschaft bietet hier den Raum, um über politische und gesellschaftliche Themen zu sprechen, diese Informationen zu bewerten und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Schon heute ist festzustellen, dass politische Inhalte in den Lehrplänen in NRW leider eine untergeordnete Rolle spielen. Die deutschlandweite Studie „Ranking politische Bildung 2018“ und auch die NRW spezifische Studie „Wirtschaft gut – Politik mangelhaft“ der Universität Bielefeld führen uns dies vor Augen. 

Die Gesellschaft für Soziologie (DGS) hat in ihrer eigenen Stellungnahme zum Entwurf der Regierung festgestellt, dass die Kernlehrpläne 2019 und 2020 mindestens ein Drittel an sozialwissenschaftlichen Inhalten als verpflichtend vorgeben. Von daher würde eine Neuprofilierung der sozialwissenschaftlichen Studiengänge dazu führen, dass die betroffenen Lehrer_innen deutlich schlechter qualifiziert wären als diejenigen die Sozialwissenschaft studiert haben.

Die Folgen wären wohl, dass zukünftig Lehrer_innen und Schüler_innen nur noch Wirtschaftssysteme, den Markt und das Bankenwesen kennen. Jedoch aber nicht mehr die Auswirkungen von wirtschaftlichen Entwicklungen auf die Gesellschaft, ein grundlegendes Verständnis wie unsere Demokratie funktioniert oder aber wie man sich selbst in der Gesellschaft einbringen kann.

Deshalb fordern wir:

  • Die Profilierung und die Benennung des Faches Sozialwissenschaften an den Universitäten!
  • Eine Stärkung der politischen und gesellschaftlichen Bildung, die kritisch und multiperspektivisch angelegt ist!
  • Der interdisziplinäre Charakter des Kernfaches muss erhalten bleiben, damit gesellschaftliche Zusammenhänge klar erkannt werden!

DIDF-Jugend NRW // jungeGEW NRW // LAT NRW // LSV NRW // SJD – Die Falken NRW