In diesen Tagen erschüttert ein Strafprozess, der in New York geführt wird, die Türkei.Der Hauptangeklagte in diesem Prozess war zunächst der Iranisch-Türkische Goldhändler Reza Zarrab, der April 2016 in Florida festgenommen wurde. Die New Yorker Staatsanwaltschaft warf ihm „Gründung einer Bande zwecks Betrug an den USA“, „Verschwörung zur Umgehung der US-Wirtschaftssanktionen gegen den Iran“, „Geldwäsche“ sowie „Betrug am internationalen Bankensystem“ vor. Zarrab bekannte sich wenige Tage vor Prozessbeginn in allen Anklagepunkten als schuldig und willigte ein, im Prozess als Kronzeuge auszusagen. Seitdem sitzt sein Mitangeklagter Hakan Atilla, der ehemalige Direktor der staatlichen Halkbank, allein auf der Anklagebank.

Laut der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft umging Zarrab die US-Sanktionen gegen den Iran durch ein komplexes System, bei dem die Türkei iranisches Erdöl kaufte, das zunächst mit Geld gezahlt wurde. Das Gold wurde durch Zarrab in den Iran gebracht, wobei auch türkische Staatsbanken eine Rolle spielten.

Am ersten Verhandlungstag sagte Zarrab aus, der damalige Ministerpräsident Erdoğan habe von dem Handel nicht nur Kenntnis gehabt, sondern diesen auch angewiesen. Um das Geschäft durchführen zu können, habe er den damaligen Wirtschaftsminister Zafer Çağlayan bestochen und ihm insgesamt rund 50 Mio. US-Dollar bezahlt. Auch der Sohn des früheren Innenministers Muammer Güler sei in die Geschäfte verwickelt gewesen.

Im Zuge der Korruptionsermittlungen im Dezember 2013 war Zarrab für kurze Zeit verhaftet worden. Die Ermittlungen gegen ihn sowie Çağlayan und Güler wurden 2014 eingestellt und die Vorwürfe gegen sie als Teil eines „Putschversuchs der Terrororganisation FETÖ gegen die AKP-Regierung“ fallengelassen. In AKP-nahen Medien erhielt Zarrab die Gelegenheit, sich als ein „angesehener Geschäftsmann“ zu präsentieren, der zur Überwindung des türkischen Außenhandelsvolumens einen großen Beitrag geleistet habe.

Diese Strategie wird auch heute verfolgt. Laut AKP-nahen Medien und Erklärungen aus Regierungskreisen wird bei dem Prozess das Ziel verfolgt, der Türkei wirtschaftlichen und politischen Schaden zuzufügen. Das Hauptziel ist demnach Erdoğan zu schwächen. Seit seinem Auftritt vor dem New Yorker Gericht als Kronzeuge wird Zarrab von der AKP-Regierung als Landesverräter bezeichnet, der gegen die nationalen Interessen der Türkei arbeite. Die Staatsanwaltschaft Istanbul leitete ein Vermittlungsverfahren gegen ihn ein. Ein Istanbuler Gericht entschied, sein Privatvermögen in Höhe von mehreren Mrd. türkische Lira einzuziehen.